Danke für dein Review, Lavaza! :) Dann lasse ich es mal weitergehen :).

For here I am a thing of darkness
Thrown from this ungodly swoon
Immortal from a savage kiss
Kept from my eventual doom

Teil 2 - Rote Rosen

Raoul wusste nicht, ob er enttäuscht oder belustigt sein sollte. Azazella "lustwandelte" in einer perfekten, reichlich steifen und sehr geraden Haltung mit ihm im Garten, kein einziges Härchen befand sich außerhalb ihrer Frisur, die Nase ein wenig hoch getragen, hatte sie ihren Arm in einem perfekten Winkel so auf den Seinen gelegt, dass ihre Fingerspitzen vielleicht ein Haar breit über seiner Hand schwebten.
"Geruht die Dame, schweigend zu lustwandeln?" fragte er ein wenig spöttisch, woraufhin Azazelle mit einer weiteren perfekt einstudierten Bewegung den Kopf in seine Richtung neigte und den Ansatz eines irgendwo abgekupferten Lächelns zeigte.
"Die Dame verfügt weder über das Wissen noch über den Willen, um mit Ihnen zu plaudern," antwortete sie und drehte den Kopf wieder weg.
"Erlaubt die Dame mir sie darum zu bitten, von sich in der Ich-Form zu sprechen?"
"Ich erlaube es."
Ihr Ton war spöttisch und sie schien es als persönliche Beleidigung aufzufassen, sich mit ihm abgeben zu müssen. Sie traten vor das riesige Anwesen und Azazella löste sich von ihm, um etwas Weißes vom Gras aufzuheben.
"Du hast etwas verloren. Weißt du Raoul, es gehört sich nicht, seinen Abfall auf fremden Grundstücken zu hinterlassen." Mit dem Fächer beschrieb sie einen weiten Kreis, der die Villa und das zugehörige Grundstück umfassen sollte.
Sie fitzelte mit spitzen Fingern den Zettel auseinander und musterte die Adresse, bevor sie ihn Raoul zurückgab.
"Bitteschön," zischte sie dabei und knickste leicht.
Und obwohl sie so kalt war, konnte er nicht umhin, sie zu mögen. Dazu war sie einfach... viel zu perfekt.
In jeder ihrer Bewegungen, in allem was sie tat.
So perfekt wie sie jetzt an ihm vorbei tiefer in den Garten hineinlief, auf eine rosenüberwucherte Gartenlaube zu. Mit seinen Vampirsinnen konnte Raoul sehr deutlich hören, wie ihr Abendkleid rauschte, wie sie mit ihrem Absatz auf einen Käfer trat und dessen harter Panzer so laut knackte, als wäre irgendwo ein Gewehrschuss losgegangen.
"Azazella!"
Raoul folgte ihr in die Laube hinein. Sie war so dicht zugewachsen, dass er sich zwischen den Rosendornen hineinzwängen musste und die Dornen seine weiße Haut aufkratzen. Vampirisches Blut sprenkelte das Gras.
Erstaunt roch er, dass auch die so perfekte Azazella sich verletzt haben musste. Selbst er konnte sie inmitten der Dunkelheit nur mit Mühe ausmachen, wie sie im Schatten auf einer Bank saß.
"Er mag mich nicht mehr, glaube ich," flüsterte sie und es klang so wenig nach der kalten Vampirin, dass Raoul die Stimme erst nicht zuordnen konnte.
"Es ist das erste Mal, dass er mich einfach alleine lässt, dass er mich nicht mitnimmt."
Was sollte er dazu nur sagen? Es wollte ihm nichts einfallen. Am Liebsten würde er sie ja in den Arm nehmen und trösten, aber allein die Erinnerung an ihre noch vor wenigen Sekunden offensichtliche Kälte reichte aus, um ihn von innen heraus einzufrieren und seine Bewegungen viel zu holprig und ruckartig für so ein elegantes Wesen zu sein...
"Gehen wir wieder herein", schlug der ratlose Raoul deswegen vor und hielt die Rosen fest, als Azazella hinter ihm deutlich genickt und ein wenig zerzaust die Laube verließ.
Noch immer war ihr Gang elegant und gerade, doch sie wirkte auf eine seltsame Art und Weise gebrochen, als wäre in ihr etwas kaputt gegangen.
Schweigend betraten sie erneut die prächtige Villa - aus irgendeinem Grunde wirkte sie nun nicht mehr prachtvoll, sondern düster und protzig, wie ein viel zu groß und überziert gebauter Sarg.
"Guten Morgen. Such dir irgendein freies Zimmer, du wirst schon eins finden."
Er hörte ihre Gedanken leise nachwehen, während sie ging.
"Und Lestat schläft anscheinend außerhalb. Zum ersten Mal."