Kapitel 14

Sommer

Inzwischen war der Winter vorbei. Peter und Flora trafen sich immer öfter. Jedes Mal, wenn sich Flora von den Malfoys loseisen konnte, trafen die beiden sich und erlebten wunderschöne Stunden miteinander. Wurmschwanz liebte diese Stunden. Sie liefen manchmal kilometerweite Spaziergänge und unterhielten sich dabei über Gott und die Welt.

Peter konnte Flora alles erzählen. Er erzählte ihr wie sich Harry entwickelte, von den Rumtreiberstreichen in Hogwarts und wie sehr er sie zugegebenermaßen vermisste. Er erzählte von James und Lily, von Sirius und von Remus. Er erzählte ihr von den Aktionen vom Orden des Phönix, wie immer mehr Mitglieder verschwanden oder getötet wurden.

Er wusste, dass Flora ihn nicht verraten würde. Das tat er schon selbst. Es fiel ihm immer noch schwer, seine Gefühle in Worte zu fassen, also versuchte er in Taten zu überzeugen.

Als es einmal bei einem Treffen fürchterlich kalt war, hatte er ihr eine einfache Suppe gekocht, dessen Rezept er in einem Kochbuch gefunden hatte. Die hat er dann in eine Thermoskanne abgefüllt und ihr mitgebracht. Und Flora war begeistert gewesen.

Seitdem versuchte er sich an immer anspruchsvolleren Speisen, die er dann zu ihren Treffen mitnahm. Dabei fand er heraus, dass er offenbar gut kochen konnte und das gefiel ihm. Wenigsten etwas, was er konnte. Bisher hatte er nur für sich gekocht, wenn seine Mutter nicht zu hause war.

Dass es ihm auch noch Spaß machte, wollte nicht zugeben, aus Angst, er würde von anderen abschätzige Blicke ernten. Er stellte sich vor, wie die anderen vor ihm standen und erst auf seine Speckröllchen schauen würden. Sie würden auf ihn herabschauen und das Ganze mit einem „Man sieht’s“ kommentieren. Er war sich sicher, dass James, Sirius und Remus nicht so reagieren würde, aber in Zeiten wie diesen, war es wichtiger kämpferische Qualitäten zu zeigen, anstatt kulinarische.

Peter versuchte seinen Frust und seine Angst wegzuessen und nahm innerhalb kürzester Zeit zehn Kilo zu. Er war in einem Zwiespalt. Er wollte seine Freunde nicht verlieren, gleichzeitig wollte er aber Flora behalten, die er jeden Tag immer mehr liebte. Er hasste Todessertreffen, doch gleichzeitig liebte er sie wegen Flora. Er dachte, er würde sich auf die Treffen vom Orden des Phönix freuen, weil da seine Freunde sind, doch inzwischen waren die Treffen vom Orden genauso schlimm wie die Todessertreffen. Es gab kaum mehr Erfolge und es wurden nur noch schlechte Nachrichten ausgetauscht. Und weitere Himmelfahrtkommandos beschlossen.

Wenn Peter nicht in der Gegenwart von Flora war, fühlte er sich wie ein Zombie, der von Termin zu Termin rannte. Er war kaum noch zu Hause. Doch er fand, das war auch besser so. So konnte ihm jedenfalls seine Mutter nicht in den Ohren liegen, dass er mehr Zeit mit ihr verbringen sollte, oder sich endlich einen Job suchen sollte.

So verging der März und der April. Vom Mai bekam Wurmschwanz auch nicht mehr viel mit, außer das endlich Benjy Fenwick gefunden wurde. Jedenfalls die meisten Teile von ihm. Wie Wurmschwanz inzwischen wusste, eine Gemeinschaftsarbeit von Bellatrix Lestrange und Fenrir Greyback. Als er die Nachricht erfuhr kam er eine ganze Stunde lang nicht vom Klo runter.

Die Zeit mit Flora war im Sommer besonders vergnüglich. Sie gingen an einen See und See und Flora brachte ihm das Schwimmen bei. Erst hatte er Skepsis, dass er es je lernen würde, da jedes Mal, wenn Flora ihn berührte, er kaum mehr denken konnte und vor lauter Kopfkino fast neben ihr absoff. Doch Flora war eine geduldige Lehrerin und schon nach ein paar Wochen intensiven Trainings konnte er zusammen mit Flora kurze Strecken schwimmen.

Sobald er die Scheu vor dem Wasser verloren hatte, fand er es eine ganz angenehme Abkühlung zu den heißen Tagen.

Wenn sie nicht mehr konnten, setzten sie sich an den Steg und verspeisten hungrig die mitgebrachten Speisen von Wurmschwanz. Flora brachte ihm Französisch bei und er gab ihr Nachhilfe in Englisch. Wobei Flora nicht mehr allzu viel Hilfe brauchte. Sie hatte schon einen ziemlich großen Wortsschatz und beherrschte die Grammatik für eine Ausländerin relativ gut. Peter erfuhr auch warum: Sie hatte eine Druidenfreundin, die ebenfalls auf Großbrittanien kam. Die hatte erst letztes Jahr einen Muggel geheiratet und arbeitete bei einer Versicherung.

Es war an diesem Tag wieder so ein schönes Wetter, das Peter gerne mit Flora am See verbracht hätte. Doch Flora musste arbeiten. So lag Wurmschwanz ganz alleine unter einem Baum in der nähe seines Dorfes. Es ging einen ziemlichen Hang hinauf, bis man zu diesem Baum kam, doch hatte man erst diesen Weg geschafft, war die Aussicht grandios.

Peter lag dort und genoss es einfach, mal für sich alleine zu sein. Kein Orden, kein Lord, einfach nur er selbst. Er schloss seine Augen und lies die letzten Stunden mit Flora noch einmal Revue passieren…

Plötzlich hörte er wie jemand näher kam. Rasch setzte er sich auch und zog sorgfältig seinen Ärmel herunter. Er konnte wegen seines dunklen Mals keine kurzärmligen Sachen mehr tragen. Nervös linste er hinter dem Baum hervor, um zu sehen, wer kam.

Es war Anthony McCarrynons, sein Nachbar. Er sah Peter schon von weitem hinter dem Baum sitzen und hob die Hände zum Gruß.

„Na, Peter“, rief er gut gelaunt. „Auch hier?“ Er blieb ein wenig keuchend vor ihm stehen. Peter stand auf. „Ja, wollte ein bisschen die Sonne genießen.“

Mr. McCarrynons lächelte: „Ich kann es dir nicht verdenken, bei so einem Wetter. Ein Jammer, wer jetzt arbeiten muss.“ Peter lächelte gedankenverloren. Ja, wie zum Beispiel Flora…

„Hab dich schon ewig nicht mehr gesehen, Peter. Du bist kaum noch zu Hause. Was arbeitest du denn?“

Peter schluckte: „Ich …ich bin arbeitslos. Ich bin meistens bei meinen Freunden, die haben einen kleinen Sohn, auf den passe ich manchmal auf.“ Das war nur ein bisschen gelogen. Tatsächlich war er oft bei Lily und James, doch auf Harry aufpassen musste er in den allerseltensten Fällen, da Lily und James ja immer zu Hause waren.

„Hmm…“ machte Mr. McCarrynons und wischte sich den Schweis von der Stirn. „Hast du vielleicht Lust, auf ein Glas Eistee? Das ist bei dem Wetter echt das Beste.“

„Ja… gerne“, Die beiden machten sich auf und gingen ins Tal.

Peter wusste von seiner Mutter, dass Mr. McCarrynons Arzt ist und direkt neben ihnen alleine in seinem Haus wohnte. Er war mit seinem Vater befreundet gewesen und mit ihm in die Grundschule gegangen. Bevor Peter nach Hogwarts gekommen war, hatte Mr. McCarrynons oft auf ihn aufgepasst. Er war ein ganz gewöhnlicher Muggel, hatte allerdings eine ungewöhnliche Neigung zu Pflanzen.

Sein Haus glich eher einem Gewächshaus als einem Wohnhaus, überall, auf Tischen, Fensterbänken und Schränken standen Pflanzen, doch Peter störte das nicht. Trotz, dass er manchmal ein bisschen eigenbrötlerisch war, war er doch ein netter Mensch, der gerne lachte. Eigentlich schade, dass sie sich in letzter Zeit so gut wie gar nicht begegnet waren, dachte Peter.

In seinem Haus angekommen, schenkte Mr. McCarrynons sich und Peter erstmal ein Glas Eistee ein. Während Peter das Glas austrank schwenke Mr. McCarrynons seines gedankenverloren und fragte ihn schließlich: „Woran liegt es eigentlich, dass du keine Arbeit hast? Du bist ja schließlich kein dummes Kerlchen.“ Peter hatte schon geahnt, das dass ein Ausfrag-Spiel wird. Und die Wahrheit war ein bisschen komplizierter zu erzählen, wenn man ihm nicht sagen durfte, dass er ein Zauberer war.

„Naja…“, druckste er herum. „Ich war ja auf dieser besonderen Schule und habe deswegen keinen normalen Schulabschluss“ Mr. McCarrynons sah ihn an: „Und was ist, wenn du dir etwas suchst, was mit dieser besonderen Schule zu tun hat?“

Peter verschluckte sich. Konnte es sein, dass Mr. McCarrynons wusste, dass er ein Zauberer war? „Ich w…war nicht besonders gut in dieser Schule.“ Versuchte er abzulenken.

Wieder seuftste Mr. McCarrynons: „Hast du den wenigstens eine Vorstellung, was du mal arbeiten willst?“ Peter zögerte erst und sagte dann: „ Eigentlich wollte ich Koch werden.“ „Das ist eine wunderbare Idee, Essen und Trinken wird immer gebraucht. Nur die Arbeitszeiten sind ein bisschen gewöhnungsbedürftig.“

Peter war erleichtert, dass Mr. McCarrynons sich nicht gleich negativ über seinen Berufswunsch mokierte. „Seit ich aus Hogwarts draußen bin, koche ich öfters. Erst habe ich immer streng nach Kochbuch gekocht, inzwischen probiere ich auch verschiedene Sachen einfach aus. Sogar meiner Freundin schmeckt es…“

Mr. McCarrynons fing an zu lächeln. „Freundin? Seit wann hast du denn eine Freundin?“ Peter zuckte zusammen, erst jetzt hatte er gemerkt, was ihm da rausgerutscht war. „Na… na ja, seit ein paar Monaten“ Er wurde rot. „Bitte erzählen Sie es nicht meiner Mutter.“

Mr. McCarrynons lachte: „Erstens brauchst du mich nicht zu siezen und zweitens… nein, ich werde es ihr nicht erzählen, wenn du es nicht willst.“

Peter war erleichtert. Er hatte mit noch nie jemand über Flora gesprochen und fühlte sich unsagbar glücklich.

Er stellte sein Glas ab und bedankte sich für den Eistee. „Keine Ursache“, wehrte Mr. McCarrynons ab. „Wie heißt eigentlich deine Freundin und woher kommt sie?“

Peter biss sich auf die Lippen. Allzu viel durfte er nicht von ihr erzählen, sonst kamen unangenehme Fragen auf… „Sie heißt Flora und ist Au-pair-Mädchen aus Frankreich.“

„Soso“, meine Mr. McCarrynons skeptisch. „Aber dir ist schon klar, dass das schwierig werden wird, wenn sie wieder nach Frankreich zurückkehrt, oder?“

Peter schwieg. Diesen Gedanken hatte er immer verdrängt. „Sie geht erst Ende Oktober wieder zurück. Ich hab noch ein bisschen Zeit.“

Mr.McCarrynons überlegte. „Ich habe in der letzten Woche im Oktober eine Ärztekonferenz in Ägypten. Ich könnte Mary dazu einladen, dann hast du und deine Freundin sturmfreie Bude hier und ihr könnt euch einen schönen Abend machen.“

Peter gluckste vor Freude auf. „Das wäre echt toll!“ „Du musst mir nur versprechen, dass du dich ab jetzt auf die Jobsuche konzentrierst.“

Peter versprach es. Er würde alles tun für seine Flora.